Dienstagmorgen oder Höngger Morgenrot
10. Dezember 2013


Anders als in den letzten Jahren, eigentlich in allen, an die ich mich erinnern kann, ist der Dezember dieses Jahr nicht nur in den Bergen ein Schönwettermonat nach dem Motto oben blau, unten grau bzw. Uetliberg hell, wie früher, als ich noch ein Knabe war und ein rotes Täfelchen mit eben dieser weissen Aufschrift an der Front des 13er-Trams die Stadt darauf aufmerksam machte, dass man auf dem Üezgi über dem Hochnebel wäre. Letzterer fehlt dieses Jahr die meisten Tage über. Was kein Verlust ist, der letzte Winter wollte bis im Juni nicht fortgehen. Damit habe ich nicht gesagt, dass es in Zürich im Dezember keine Sonnentage gibt. Oft aber sind es keine ganzen Tage, weil sich zunächst der Nebel, der sich über dem See, der Limmat oder in den Wälden bildet, auflösen muss, weshalb der Dezember in meinem Geist als Charakterisierung einen Grauton hat.

Bereits die letzten Tage über sind mir die malerischen Winterstimmungen aufgefallen. Heute nun stehe ich nach sieben Uhr auf, wie so oft, ist einer meiner ersten Wege vom Schlafzimmer in die Stube, wo ich aus dem Fenster schaue und die Wetterlage überprüfe. Was ich heute sehe, habe so noch nie gesehen. Von einer nächtlichen Fotosession liegt der Fotoappart bereits auf dem Esstisch bereit:
Die Nachbarhäuser und die Riedhofstrasse sind noch im Restdunkel der Nacht versunken. Der Raureif auf den Dächern glänzt hellblau unter den ersten Strahlen der Morgensonne, die noch nicht über dem Käferberg aufgestiegen ist. Die Bäume in der Nachbarschaft, zumeist Laubbäume, strecken ihre mehr oder minder nackten Äste als schwarze Scherenschnitte in den Himmel, der gleich hinter dem Stubenfenster und den Nachbarhäusern beginnt. Denn wo sonst die Stadt mit ihren Südquartieren ennet der Limmat im Morgenlicht glänzt, ist ein glühendes Lichtermeer, weiss, gelb, orange. Im gleissenden Lichtermeer als graue Schemen erkennbar die vier Striche der Hochhäuser der Hardau. Sonst ist von der Stadt nichts zu sehen. Es ist, als ob ich auf eine Feuerstelle schaute, hinter der sich als violettes Band erkennbar die Silhouetten des Üetlibergs, der Albiskette, des Hoch Ybrigs und der nahen Glarner Alpen abzeichnet. Darüber ein pfirsichfarbener Föhnhimmel mit zitronengelben und hellgrauen Schleierwolken, der je näher er zu meinem Himmel kommt umso hellblauer wird.

Ich halte die Szene fest. Bei einem der späteren Bilder, bei denen ich zoome, fliegt mir vom grossen Baum gegenüber eine Taube ins Bild. Ich ärgere mich darüber. Es scheint der Running Gag bei meinen Fotos in diesem Jahr zu sein, dass Vögel durchs Sujet fliegen. Doch als ich etwas später im Computer die Bilder betrachte, erkenne ich, dass eben jenes Bild mit der Taube das einzige Foto der Serie ist, das nicht nur das zauberhafte Höngger Morgenrot festhält, sondern aussergewöhnlich ist.

dezember 2013 morgenrot zürich




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